Gegen den ranghöchsten Polizeibeamten in Baden-Württemberg wird derzeit wegen sexueller Belästigung ermittelt. Wie der SWR nun mitteilt, hat es während des Ermittlungsverfahrens SMS-Kontakt zwischen dem Beschuldigten und dem Staatssekretär für Justiz und Migration gegeben. Dies gehe aus der Antwort des Justizministeriums auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervor. Das Justizministerium erklärte, dass der Inspekteur der Polizei kurz nach seiner Suspendierung vom Dienst eine SMS an CDU-Staatssekretär Siegfried Lorek geschickt und um ein Gespräch gebeten habe. Lorek habe ihm ebenfalls per SMS mitgeteilt, dass ein Kontakt wegen des laufenden Verfahrens nicht möglich sei.
Aufnahme von Videotelefonat soll Sex-Affäre belegen
Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit Ende November gegen den Inspekteur der Polizei wegen sexueller Belästigung. Der ranghöchste Polizist in Baden-Württemberg soll versucht haben, eine Kollegin zum Sex zu überreden – mit dem Hinweis, dass er über ihre Beförderung entscheide. Nach Informationen der Rhein-Neckar-Zeitung soll dies unter anderem bei einem Videotelefonat geschehen sein, davon soll es eine Aufnahme geben, die dies belege.
Warum wechselte die Staatsanwaltschaft die Ermittler aus?
Aus einer SPD-Anfrage geht zudem hervor, dass die Ermittler bei der Staatsanwaltschaft gewechselt haben. Die bisher im Verfahren zuständige Staatsanwältin ist seit Mitte Februar Referatsleiterin im Justizministerium. „Das riecht übelst nach Filz und Korruption zwischen Polizei und Justiz in Baden-Württemberg“, hieß es. Die Ermittlungen gegen den suspendierten Inspekteur der Polizei dauern nach wie vor an. Gegen den Mann wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.
Nach der Sondersitzung zu den Missbrauchsvorwürfen kritisierte die SPD-Landtagsfraktion Innenminister Thomas Strobl (CDU). Der Innenminister scheine sich der Tragweite der Vorwürfe nicht bewusst zu sein, erklärte SPD-Innenexperte Sascha Binder. Die Vorwürfe gegen den Inspekteur der Polizei, den ranghöchsten Polizeivollzugsbeamten des Landes, hatte das Innenministerium bereits vor einigen Wochen öffentlich gemacht. Demnach gehe es um den Verdacht von Straftaten gegen die „sexuelle Selbstbestimmung“ einer Mitarbeiterin des Landespolizeipräsidiums.
„Schwerer Rückschlag für das Bild der Polizei in der Öffentlichkeit“
Innenminister Strobl will die Vorwürfe sexueller Belästigung innerhalb der baden-württembergischen Polizei nun umfassend und lückenlos aufklären. „Ich werde alles dafür tun, dass das rückstandsfrei aufgeklärt wird“, sagte Strobl im Stuttgarter Landtag. Die Vorwürfe gegen den hochrangigen Beamten seien eine „extreme Belastung für die Polizei“, so Strobl – auch für das mutmaßliche Opfer. „Allein der Verdacht gegen einen herausgehobenen Polizeibeamten ist ein schwerer Rückschlag für das Bild der Polizei in der Öffentlichkeit.“ Jeder Fall, in dem sexuelles Fehlverhalten im Raum stehe, sei einer zu viel.
SPD-Politiker Binder fordert Akteneinsicht – FDP-Frau Goll fassungslos
Die FDP-Abgeordnete Julia Goll sagte, sie sei fassungslos, dass es bislang keine zentrale Erfassung sexueller Belästigung bei der Polizei gebe. Wenn man nichts erfasse, könne man auch nicht von Einzelfällen sprechen. SPD-Innenpolitiker Sascha Binder forderte Akteneinsicht und mehr Transparenz vom Ministerium. Strobl betonte, dass es bislang keinerlei Hinweise auf Einflussnahme im Hinblick auf Beurteilungen und Beförderungen durch nicht-fachliche Kriterien von dem Beamten – außerhalb des Falles – gegeben habe
Laut Informationen von today-24-news.com/ handelt es sich bei dem Verdächtigen offensichtlich um Andreas R.. Zum 1. November 2020 wurde R. neuer Inspekteur der Polizei in Baden Württemberg. Innenminister Thomas Strobl hatte ihm damals seine Bestellungsurkunde übergeben.